Mit dem Wiederaufstieg des deutschen Weins in die internationale Spitzenklasse hat auch der Lemberger ein Revival erfahren. Neben dem Spätburgunder ist er ein Aushängeschild des Weinbaus in Württemberg, das vor allem als Trollinger-Land bekannt war. Waren die Weinberge an Necker, Rems oder Enz in den 1980er-Jahren gerade noch mit 500 Hektar bestockt, sind es heute 1.800 Hektar. Der Trend geht inzwischen deutlich vom leichten und süffigen Trollinger weg und hin zum würzig dunklen und komplexeren Lemberger. Doch nicht nur in Württemberg zeigt sich dieses Revival. Auch in den Ursprungsländern Ungarn und Österreich ist die Sorte so populär wie nie zuvor. In Ungarn Kékfrankos, in Österreich Blaufränkisch genannt, hat man die einzigartige Klasse und Wandlungsfähigkeit dieser Rebsorte im letzten Jahrzehnt endlich erkannt; denn sie, die aus derselben Familie wie der Pinot noir und der Gamay stammt, kann sowohl burgundisch elegant als auch kräftig und substanziell wie ein Bordeaux ausgebaut werden. Die Rebsorte kommt sehr gut mit kräftigem Holzeinsatz zurecht, schmeckt aber ebenso hervorragend, wenn man so natürlich wie möglich arbeitet.
Aus Österreich-Ungarn ins Ländle
Wahrscheinlich ist der Lemberger irgendwo in Dalmatien, Ungarn oder Österreich entstanden. Da er den fränkischen, also burgundischen Rebsorten ähnelt, hat man ihn auch so genannt: Gamé in Bulgarien, Burgund mare in Rumänien, Franconia nera in Italien oder Borgonja in Kroatien. Die deutschen Namen Lemberger oder Limberger hat die Rebsorte wahrscheinlich von den österreichischen Orten Lemberg (Oststeiermark) oder Limberg (Niederösterreich) erhalten, von wo aus die Rebsorte nach Deutschland gelangt sein könnte. Dass sie sich in Württemberg durchgesetzt hat, liegt an den geologischen und klimatischen Verhältnissen. Die Sorte liebt ein warmes und windgeschütztes Klima sowie tiefgründige und fruchtbare Löss-Lehmböden. Genau diese Standorte findet sie in vielen württembergischen Wingerten vor.
Die Weine von Jürgen Ellwanger
Zu diesen Weingärten gehören zum Beispiel die Lagen des VDP-Weinguts von Jürgen Ellwanger. Diese findet man im oberen Remstal. Das vergleichsweise kühlere Klima dort führt zur frischen, säurebetonten Variante des Hebsacker Lichtenberg Lemberger Erste Lage. Mit deutlichem Holzeinfluss – das Weingut ist Mitglied in der Gruppe HADES und dem deutschen Barriqueforum – zeigt sich der 2014er Hades Lemberger trocken, da er zwei Jahre lang im Barrique ausgebaut wurde. Dabei wird dann aber auch direkt klar, wie hervorragend Lemberger und Holz zusammenpassen und über wie viel Gefühl die Ellwangers beim Umgang mit den kleinen Eichenfässern verfügen. Zimmerle, der Bordeaux-Winzer im Ländle Diesen gekonnten Einsatz des Barrique können wir auch Jens Zimmerle attestieren. Der Sohn des Weingut-Gründers Friedrich Zimmerle hat sein Handwerk unter anderem in Bordeaux gelernt, wo man seit Jahrhunderten mit dem 225-Liter-Holzfass arbeitet. Entsprechend souverän setzt Jens das Holz ein und gibt dem 2014er Lemberger Korber Berg Goldadler eine feine Röstnote, ferner eine exzellente Struktur und eine spürbare Dichte mit auf den Weg. So gewinnt die kirschfruchtige Rebsorte, die zudem an Cassis, Sauerkirschen und Waldfrüchte erinnert, eine exzellente Tiefe.
Der rote Faden der Natur
Einen völlig anderen Ansatz haben Hannes Hoffmann und Olympia Samara. In Vaihingen an der Enz stehen ihre Lemberger-Reben vor allem auf Muschelkalk. Die Weinberge werden biodynamisch bewirtschaftet und die Trauben mit so wenigen Eingriffen wie möglich verarbeitet. Die minimal geschwefelten und unfiltrierten, leicht trüben hellen Lemberger-Weine haben uns mit dem ersten Jahrgang 2015 in ihren Bann geschlagen. Diese Lemberger – süffig und extrem trinkfreudig als 2016er Roterfaden Lemberger trocken, ebenso trinkfreudig wie komplex und tief der 2016er Lemberger Endschleife – bieten eine völlig neue Dimension dieser wunderbaren Rebsorte.