Als wir in 2016 zum ersten Mal einen Samtrot ins Regal gestellt hatten, waren wir sehr gespannt. Es war im Zuge der Umstellung auf das rein deutsche Sortiment und wir waren auf der Suche nach Rotweinen, mit denen wir den Wegfall der „Franzosen“ kompensieren konnten. Dabei sind wir auch in Württemberg gelandet, genauer, im Remstal. Unsere damaligen Recherchen haben uns nach Winterbach ins Weingut Jürgen Ellwanger geführt. Einen Samtrot zu kaufen war dabei nicht unser Plan, ganz sicher nicht. Mal unabhängig davon, dass außerhalb „vom Ländle“ eh so gut wie keiner diese Rebsorte kennt, viele wissen noch nicht einmal, dass es eine Rebsorte ist.
Der Samtrot wurde in den 1920 per Zufall in einem Heilbronner Weinberg entdeckt. Genauere Untersuchungen haben dann ergeben, dass es sich dabei um eine natürliche Mutation des Schwarzriesling handelt, den viele als Pinot Meunier kennen, eine der Hauptrebsorten in der Champagne. Die Anbaufläche ist mit unter 400 ha so unbedeutend, dass sie nicht einmal bei der Flächenerhebung separat ausgewiesen wird, sondern beim Spätburgunder mit einfließt. Der Anbau beschränkt sich fast ausschließlich auf die Region Württemberg.
Samtrot ist auch nicht gerade dafür bekannt Weine hervorzubringen, welche die Schoppen-Qualität nennenswert übersteigen. Der Lemberger, der Zweigelt, der Merlot, die Hades-Kollektion, das waren die Produkte unseres Begehrens bei Ellwanger. Aber wie es dann so ist, man sitzt da, probiert, redet, probiert…und plötzlich hat man einen Samtrot im Glas. Und was für einen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass er mich wiederum an etwas erinnerte. Völlig konträr zum eigentlichen Produkt, hatte ich einen höherklassigen Bordeaux im Kopf. Und nein, natürlich hatte das nichts mit dem Geschmack zu tun. Samtrot schmeckt nicht ansatzweise nach Bordeaux. Es war die Eleganz, die Finesse, die Komplexität. Und dann wollte ich es wissen. Obwohl ich davon überzeugt war, die ganze Charge selbst trinken zu müssen - dieser Wein musste mit nach Frankfurt.
Und dann kam die Spannung und sie wurde zur Überraschung. Entgegen aller Vermutungen hat dieser Wein sehr schnell viele Liebhaber unter unseren Kunden gefunden, sodass er nun schon im vierten Jahr seine Position bei Frankfurt/Wein verteidigt. Am Montag waren wir in Winterbach zu Besuch und haben von da den aktuellen Jahrgang 2017 mitgebracht. Und wenn jemand nun neugierig geworden ist, am 4. und 5. März schenken wir den Samtrot während der Weindämmerung aus.
F/W 27.2.2020